Bauernkrieg und
Weltnaturerbe Hainich
Sechsundzwanzig Taunusklubmitglieder und ein Gast aus München waren dem
Angebot des Vorsitzenden Gerd Unruh gefolgt, um eine Wanderwoche am Hainich zu
erleben. In der ehemaligen freien Reichs- und Thomas-Müntzer-Stadt Mühlhausen
war man optimal einquartiert.
Am Anreisetag konnten sich alle noch mal vor dem Abendessen bei einem
Rundgang durch die um die mittelalterliche Stadtmauer angelegten Grünanlagen
die Beine vertreten.
An zwei Tagen wurden Teilstrecken
des Pilgerweges Loccum - Volkenroda erwandert. Er erinnert seit 2002 an Mönche,
die 1163 von der Zisterzienserabtei Volkenroda aus das Kloster Loccum bei
Hannover gegründet haben. Bei der Wanderung durch die offene Feldflur konnte
man Blumen bewundern, die bei uns schon lange verschwunden sind:
Erdnussplatterbse, Feldrittersporn, Sommeradonisröschen und Tragant waren
häufig am Wegrand zu finden. In Volkenroda wurde 2001 der Christuspavillon der
Expo Hannover wiederaufgebaut. Er ersetzt das baufällig gewordenen Längsschiff
der ehemaligen Klosterkirche.
Die Flachetappe von Zella bzw. Horsmar entlang der Unstrut
nach Mühlhausen war idealerweise auf den schwülwarmen Freitag gelegt und extra
früh gestartet worden. Hierdurch konnte der heiße Nachmittag individuell
gestaltet werden.
Zwei Wanderungen führten in den
Hainich. Die eine führte entlang des Poppenröder Baches und vorbei am
Schwanenteich in den Mühlhäuser Stadtwald. Der Schwanenteich machte mit zwölf
erwachsenen und zehn jungen Schwänen seinem Namen alle Ehre. Aber auch die
Küken der Blässralle mit ihrem farbenfrohen Daunenkleid erfreuten die Wanderer.
In der Nähe des Schwanenteiches befindet sich die gefasste Erdfallquelle des
Poppenröder Baches. Im Quelltopf schweben an steinbeschwerten Schnüren
Blumensträuße, die anlässlich des Poppenröder Brunnenfestes dem Quellgeist
„geopfert“ wurden. Im benachbarten pittoresken Poppenröder Brunnenhaus mit
reichverziertem Fachwerkobergeschoß aus dem 17. Jahrhundert wurden einst
rauschende Feste gefeiert.
Der auf Muschelkalk stockende
Buchenmischwald präsentierte mit rotem und weißem Türkenbund, gelbem Eisenhut,
Vogelnestwurz und geflecktem Knabenkraut weitere botanische Besonderheiten.
Ein Höhepunkt der Wanderwoche war
der Besuch des Baumkronenpfades im Nationalpark und UNESCO-Weltnaturerbe
Hainich. Der als breite Rampe angelegte 534 m lange Weg bietet an verschiedenen
Stationen viel Wissens- und Staunenswertes über die Natur der Hainichregion.
Vom 44 m hohen Aussichtsturm konnte man seinen Blick über die in
unterschiedlichen Grüntönen leuchtenden Baumkronen des aus Eichen, Buchen,
Hainbuche, Linden, Ahorn, Eschen, Kirschen und vereinzelten Elsbeeren und Ulmen
bestehenden „Urwald“ in die Ferne schweifen lassen. Aufmerksame Teilnehmer
entdeckten in einer abgestorbenen Buche die Kinderstube einer
Waschbärenfamilie. Im Anschluss bot der Rundgang mit einem Naturpark-Ranger
noch vertiefende Einblicke in die Entstehungsgeschichte und Entwicklungsziele
des Nationalparks.
Eine Führung durch die einst freie
Reichsstadt Mühlhausen mit ihren 21 zugehörigen Dörfern eröffnete dank der
kenntnisreichen und engagierten Stadtführerin tiefe Einblicke in die
politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse im gar nicht so dunklen Mittelalter.
Dank nur geringer Kriegszerstörung konnten Bauzeugnisse verschiedener
Stilepochen auf engstem Raum bewundert werden. Sie sind ein beredtes Zeugnis
der durch Tuch- und Lederherstellung, Färbereien und Fernhandel reich
gewordenen Bürgerschaft. Durch ein von Bund und Land Thüringen aufgelegtes
Förderprogramm konnten viele dieser Gebäude fachgerecht saniert und modernen
Wohnansprüchen angepasst werden. Ein zweiter Schwerpunkt der Führung lag auf
dem Wirken des Reformators, Revolutionärs und Bauernführers Thomas Müntzer,
welcher durch die Schlacht bei Frankenhausen zu trauriger Berühmtheit gelangte.
Im Bauernkriegsmuseum konnte, wer wollte, die erhaltenen Informationen
vertiefen. Die hier dokumentierten 12 Artikel beweisen, dass die gegen die
ausufernden Lasten der Feudalherren gegenüber der Landbevölkerung erhobenen
Forderungen durchaus unserem heutigen Demokratieverständnis entsprechen.
Einige unermüdliche Teilnehmer
nutzten den freien Nachmittag zu einer Wanderung vom Mittelpunkt Deutschlands
bei Niederdorla zurück nach Mühlhausen.
Den Abschluss der Wanderwoche
bildete die Wanderung von Nazza nach Mihla vom westlichen Rand des Hainich ins
Werratal. Hiermit wurde der Eindruck der abwechslungsreichen Landschaft der
Hainichregion vervollständigt.
Selbst für eine nicht mehr so wanderfitte Teilnehmerin bot Mühlhausen so viel Abwechslung, dass keine Langeweile aufkam. Beim Abschlussabend wurde dem Organisator und seinem Helfer für die gelungene Durchführung der Wanderwoche gedankt.